Kriterien für soziales Unternehmertum gefordert


Wann ist ein Unternehmen tatsächlich ein "Social Business"?
Stefan Haver: "Transparenzanforderungen sind längst zu einem Geschäftsfaktor geworden"



Die Politik sollte eindeutig definieren, wann ein Unternehmen tatsächlich ein "Social Business" ist. Diese Forderung erhob Paul Bethke, Gründer und Inhaber des Limonaden- und Eisteeherstellers Lemonaid während eines öffentlichen Fachgespräches des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zum Thema "Neue Unternehmensformen: Social Entrepreneurship". Derzeit gebe es kein Mindestmaß für den sozialen Beitrag. "Jeder kann sich Social Business nennen, ohne Auflagen", kritisierte er. Das führe zu Verwässerung und Konsumentenverwirrung. Es gefährde zudem die, "die es wirklich ernst meinen". Bethke schlug daher als Kriterien einen "fixen Umsatzbeitrag als Mindestmaß des Engagements" sowie einen "positiven Effekt des Firmenkerns auf die Gesellschaft" vor.

Sein Unternehmen garantiere, dass durch jede verkaufte Flasche der biologische Anbau, ein fairer Handel und zusätzlich noch Sozialprojekte unterstützt würden. "So haben wir fünf Millionen Euro für Sozialprojekte erwirtschaftet", sagte Bethke. Wenig hilfreich für Social Businesses sei aber, dass es derzeit einen Maximalbetrag für Spenden gebe, der bei 0,02 Prozent des Umsatzes liege. Das sei für Lemonaid problematisch, weil von jedem verkauften Produkt gespendet werden solle. Die Lösung könne in der Abschaffung der Höchstgrenzen für Spenden von sozialen Unternehmen bestehen. Betriebswirtschaftliche Anreize für Social Business Strukturen seien ebenfalls wünschenswert. Es gebe derzeit wenig Anreize in der Struktur. "Wir zahlen die gleichen Steuern wie jede andere Firma", sagte der Lemonaid-Inhaber.

Für nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung stehe auch das Chemieunternehmen Evonik Industries, sagte Stefan Haver, Leiter Corporate Responsibility von Evonik. Lange Zeit hätten Investments in Ökologie oder Soziales vor allem als Kostenfaktor gegolten. "Das ist bei weitem nicht mehr so", sagte er. Nachhaltigkeit sei auch in der Chemie längst Wachstumstreiber. Als Beispiel führte er das Venture-Capital-Engagement von Evonik beim Unternehmen In-Ovo an. Dort werde ein neuartiger Biomarker zur Geschlechtsbestimmung bei Hühnern entwickelt, womit die "beschämende Praxis des Schreddern männlicher Küken" beendet werden könne. Damit sei ein hoher ethischer Mehrwert verbunden. "Es ist aber auch ein gutes Geschäft", fügte Haver hinzu.

Ebenso wie Paul Bethke betonte auch der Evonik-Vertreter die Frage der Messbarkeit des sozialen Unternehmertums. Hier habe sich aber schon viel getan, befand er. Habe früher der Spruch: "Tue Gutes und rede darüber" gegolten, heiße es jetzt: "Tue Gutes und belege es". Das fange bei Gütesiegeln und akzeptierten Standards an und höre bei der EU-Taxonomie-Verordnung und der darin geforderten Offenlegung klimarelevanter Umsätze auch nicht auf. "Transparenzanforderungen sind längst zu einem Geschäftsfaktor geworden", sagte Haver.

Um Social Entrepreneurship zu stärken, so der Evonik-Vertreter, müsse überlegt werden, wie es gerade jungen Unternehmen erleichtert wird, neue Wege in diese Richtung zu gehen. Das sei eine Frage von Bürokratieabbau und auch von Digitalisierung. "Es ist aber auch eine Frage der richtigen Koordination von Fördermöglichkeiten durch die Politik über Ministeriumsgrenzen hinweg", sagte er. Dabei gebe es noch einiges zu tun. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 29.04.21
Newsletterlauf: 28.07.21


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